Wednesday, July 17, 2024

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Interview given by the vice-president of MEDEL Thomas Guddat: Deutsche Richtervereinigungen – Solidarität mit türkischen Richtern

Viele der entlassenen und verhafteten Richter und Staatsanwälte sind bei ihren deutschen Kollegen bekannt: Kaum vorstellbar, dass sie alle der Gülen-Bewegung angehören.

Der Deutsche Richterbund, die größte Vereinigung von Richtern und Staatsanwälten hierzulande, hat einen Brief an die Bundeskanzlerin geschrieben: Viele der entlassenen und verhafteten Kollegen seien bei deutschen Richtern bekannt. Es stünde außer Zweifel, dass gerade die Mitglieder der türkischen Richtervereinigung mit dem Namen „Yarsav“  integer seien und sich für den Rechtsstaat engagieren. Yarsav und ihren Mitgliedern Sympathien für die Putschisten oder die Gülen-Bewegung vorzuwerfen, sei nicht nachzuvollziehen.

Richterbund: Türkische Kollegen von „Yarsav“ keine Gülen-Leute

Auch Richter Thomas Guddat kennt  Yarsav. Guddat ist Mitglied einer kleineren deutschen Richterorganisation, der Neuen Richtervereinigung, und berichtet in seinem Dresdner Arbeitszimmer, dass er über internationale Kontakte immer wieder mit türkischen Kollegen von Yarsav zusammen gekommen ist:

„Uns liegen nach dem Putschversuch sehr besorgniserregende Informationen vor. Yarsav-Mitglieder wurden suspendiert und verhaftet. Wir konnten auf Youtube sogar ein Video ansehen, welches einen uns persönlich bekannten türkischen Richterkollegen zeigt, wie er die Hände auf dem Rücken mit Handschellen gefesselt von zwei Polizisten abgeführt wurde.“

Yarsav-Richter sind für Trennung von Justiz und Religion

Thomas Guddat ist sich ganz sicher: Die türkischen Juristinnen und Juristen, die bei Yarsav aktiv waren, sind keine Anhänger der religiösen Gülen-Bewegung:

„Die Richter und Staatsanwälte, die ich kennengelernt sind für die strikte Trennung von Religion und Justiz eingetreten. Es ist für mich nicht vorstellbar, dass sie eine gemeinsame Sache mit einer religiösen Gruppierung der Gülen-Gruppierung gemacht haben.“

Unabhängige türkische Richter brauchten schon immer Mut

Immer wieder ist der Dresdner Richter in die Türkei gefahren, auch als offizieller Prozessbeobachter. Er saß dabei, als türkischen Staatsanwälten der Prozess gemacht wurde, die es gewagt hatten, gegen Männer aus dem Umfeld der regierenden AKP zu ermitteln. Schon früher, sagt Thomas Guddat, war es sehr mutig, Mitglied der unabhängigen Richtervereinigung Yarsav zu sein.

„Yarsav-Mitglieder wurden bereits in der Vergangenheit drangsaliert und hatten einen ungeheuer großen Druck auszuhalten gehabt. Richter wurden oft ohne ihr Einverständnis, ohne ein entsprechendes Disziplinarverfahren oder ohne dass man ihnen schlechte Arbeit vorgeworfen hätte, in andere Städte versetzt.“

Auch die Internationale Juristenkommission mit Sitz in Genf bestätigt die Unabhängigkeit von Yarsav. Schon vor dem Putsch seien Richter und Staatsanwälte in der Türkei unter Druck gesetzt worden, Yarsav zu verlassen und Mitglied einer regierungsnahen Organisation zu werden.

Hilferufe per E-Mail

Und die österreichische Richtervereinigung berichtet  über Hilferufe von türkischen Kollegen per E-Mail: Yarsav existiere nicht mehr. Wer festgenommen wurde, dem könne der Kontakt zu Anwälten untersagt werden. Kurze Anrufe bei Familienmitgliedern seien nur noch alle 15 Tage möglich. Auch der Dresdener Richter Thomas Guddat macht sich Sorgen: „Das Vermögen von inhaftierten Richtern wurde eingefroren, es gibt zu vielen der verhafteten Richter keinen Kontakt.“

Der deutsche Richterbund mahnt in seinem offenen Brief an die Bundeskanzlerin, sich für die verhafteten Kollegen einzusetzen. Und er kritisiert deutlich: Die bisherigem Reaktionen der Bundesregierung machten nicht den Eindruck, dass sich Deutschland mit der erforderlichen Konsequenz für eine unabhängig Justiz einsetzen möchte.

AUDIO:

Von Gigi Deppe | ARD Rechtsredaktion

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